Selektion zum Dienst

Mit Gott zur Matura
23. Juli 2024

Eine faire Leistungsbeurteilung ist eine der grossen Herausforderungen für Lehrerinnen und Lehrer. Dies gilt im Besonderen auch für Selektionsentscheide. Am Bildungssymposium in Wettingen haben sich gut 100 Lehrpersonen aus privaten und öffentlichen Schulen mit dem Thema Selektion auseinandergesetzt.

Den ersten Input leistete Prof. Dr. Markus Neuenschwander. Er leitet das Zentrum Lernen und Sozialisation an der Pädagogischen Hochschule FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz). Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Fragen von Bildungsverläufen und schulischen Selektionsprozessen, aber auch zu Chancengerechtigkeit, sozial-emotionale Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen und dem Verhältnis von Schule und Familie. Prof. Neuenschwander zeigte auf, dass die Selektion negative Auswirkungen auf die meisten Schüler habe. Diese fallen umso deutlicher aus, je früher die Selektion erfolgt. Erschreckend ist zudem, dass verschiedene äussere Faktoren den Selektionsentscheid beeinflussen. So haben zum Beispiel die Eltern einen grossen Einfluss auf den Verlauf der Schulkarriere ihrer Kinder. Zum Beispiel der Vater mit einer Berufslehre, der es nicht nötig findet, dass sein Sohn ans Gymnasium geht. Weiter wirken auch ein allfälliger Migrationshintergrund, die finanziellen Möglichkeiten der Eltern, deren gesellschaftlicher Status und auch ausgesprochene oder unausgesprochene Erwarteungen von Lehrpersonen oder Eltern unerwünscht und meist unbewusst auf Selektionsentscheide.

Auf dem Podium wurde engagiert über die gehörten Fakten aus der Forschung diskutiert. Nadine Lüthi hat an der Christlichen Privatschule SAAT die Selektion schon ziemlich abgeschafft. Die Schüler/innen lernen in durchmischten Klassen, werden aber dennoch ihrem Potenzial entsprechend gefördert.  David Schuler ist Leiter Bildung in der Stadt Luzern, wo vor kurzem die Noten abgeschafft wurden. Er plädiert für mehr mutige Schritte in den Schulen, um anstehenden Reformbedarf voranzutreiben. Als Präsidentin der EVP Schweiz plädierte Lilian Studer dafür, mit den Behörden und der Politik im Gespräch zu bleiben um Verständnis zu schaffen und gemeinsam die Schule weiterzuentwickeln.

Am Samstagvormittag bot Christian Gfeller eine theologische Sicht auf das Thema. Er startete seine Laufbahn im ICF und ist heute Pfarrer der Reformierten Kirche in Zürich. Er zeigte einerseits auf, dass die Selektion bzw. Erwählung ein zentrales biblisches Thema ist. Zuallererst wurde das Volk Israel als Volk Gottes auserwählt. Später wählte Jesus seine 12 Jünger aus. Erwählung erfolge immer aus Liebe und Gnade und nicht aufgrund von Leistung. Leider führten (und führen) eine falsche Haltung in Bezug auf die eigene Erwählung oft zu Unterdrückung anderer Menschen bis hin zu Kriegen. Das Gegenstück zur Selektion ist die Integration, welche ebenfalls ein zentrales Thema der Bibel ist. Jesus lädt alle Menschen an seinen Tisch ein. So wird Selektion aus Sicht von Christian Gfeller in erster Linie zu einem Auftrag zum Dienst an der Gemeinschaft. Wie können also Schüler/innen «trotz» Selektion einander mit ihren Stärken dienen und als Gemeinschaft miteinander unterwegs sein?

Neben der Auseinandersetzung mit dem Hauptthema des Symposiums blieb viel Zeit für den persönlichen Austausch und die gegenseitige Präsentation von bewährten Projekten. Die Rückmeldung einer Schulleiterin lässt schon Vorfreude aufs nächste Symposium aufkommen: «Mit anderen Schulen unterwegs zu sein, welche die Vision der christlichen Bildung teilen, ermutigt mich enorm. Dass auch die VBG dabei ist, ist eine grosse Bereicherung.“

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